Da steh‘ ich auf dem Hügel, und schau‘ umher,
Wie alles auflebt, alles empor sich dehnt,
Und Hain und Flur, und Thal, und Hügel
Jauchzet im herrlichen Morgenstrale.

(...)

Jetzt jauchzt die Erde, feiert im Perlenschmuk
Den Sieg des Tages über das Graun der Nacht -
Doch freut sich meine Seele schöner
Denn sie besiegt der Vernichtung Grauen.

(...)

O ihr seid schön, ihr herrliche Schöpfungen!
Geschmükt mit Perlen blizet das Blumenfeld;
Doch schöner ist des Menschen Seele,
Wenn sie von euch sich zu Gott erhebet.
O, dich zu denken, die du aus Gottes Hand
Erhaben über tausend Geschöpfe giengst,
In deiner Klarheit dich zu denken,
Wenn du zu Gott dich erhebst, o Seele!

(...)

Und meine Seele - wo ist dein Stachel, Todt?
O beugt euch, Felsen! neiget euch ehrfurchtsvoll,
Ihr stolze Eichen! - hörts und beugt euch!
Ewig ist, ewig des Menschen Seele.

(...)

Wenn nicht zur Sonne seegnend mein Hauch sich hebt,
Zu tränken dich mit Regen und Morgenthau?
Und wann er sich erhebt zu nahn in
Mitternachtswolken, zu nah‘n mit Donnern;
Ha! bebst du nicht, gebrechliche? bebst du nicht?
Und doch! vor jenem Tage verkriechet sich
Das Meer, und seiner Woogen keine
Tönt in die Jubel der Auferstehung.

 
Friedrich Hölderlin